Pferde: Vierbeinige Angsthasen
Die Angst ist nicht nur uns Menschen ein vertrauter Begleiter.
Auch wenn wir meinen, auf dieses Gefühl problemlos verzichten zu können, Angst gehört zum Leben.
Angstgefühle übermitteln: Halt, Achtung, Vorsicht!
Gleichzeitig sorgen die Reaktionen dafür, dass sich der Körper für die sofortige Verteidigung oder Flucht bereitmacht. Im ganzen Organismus herrscht Alarmstufe Rot. Angst ist ein überlebensnotwendiges Gefühl. Während Angst normal, wichtig und unvermeidbar ist, sind Ängstlichkeit und Panik hingegen eher hinderlich und Anlass für Korrekturmaßnahmen.
Unseren Pferden wird als Fluchttier die sensible Reaktion auf gefährliche Situationen schon in die Wiege gelegt, es gehört zu ihrer Überlebensstrategie bei Gefahr zu flüchten. Rasse, Erziehung, Fütterung, Haltung und mehr beeinflussen natürlich auch die individuelle Empfindlichkeit eines Pferdes, eine Neigung zu Angst ist angeboren und muss auch akzeptiert werden, Panik und Ängstlichkeit dagegen eher nicht. Natürlich sind die unterschiedlichen Reaktionen Ausdruck der Persönlichkeit eines Pferdes, daher lässt sich auch keine Richtschnur aufzeigen.
Die meisten Probleme sind jedoch hausgemacht. Einige Beispiele sind:
- falscher Umgang mit der normalen Angstreaktion des Pferdes, handeln mit Bestrafung und Zwang
- Rangordnungsprobleme, mangelndes Vertrauen des Pferdes zu seiner Bezugsperson
- dauerhafte Abschirmung vor Umweltreizen
Pferde erschrecken nicht nur schneller und heftiger als der Mensch, sie beurteilen
Situationen auch völlig anders. Vor spontanen Fluchtreaktionen können unsere Pferde nicht “geheilt” werden, sie sind genetisch verankert.
Versucht ein unwissender Mensch seine eigenen Verhaltensmuster auf sein Pferd zu übertragen und fordert logische Denkweisen, wird der Vierbeiner überfordert und leidet unter Stress. Wird die mangelnde Kooperativität gar noch bestraft und erzwungen, so bestärkt er sein Pferd in seiner Angst und untergräbt das Vertrauensverhältniss zwischen Zwei- und Vierbeiner. Die Rangordnung zwischen Mensch und Tier muss im Alltag gelebt werden um wirklich solide zu sein. Das Pferd wird seinem Menschen vertrauensvoll folgen, sind die Rangverhältnisse geklärt, das dominante Pferd wird die Führung übernehmen und das subdominante Pferd wird panisch reagieren.
Ein geklärtes Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Pferd lässt sich durch verschiedene Formen von Bodenarbeit initiieren, muss aber auch konsequent gelebt werden. Strenge schadet dem Verhältniss nicht, mangelnde Konsequenz schon! Geeignete Übungen z. B. sind das Rückwärtsrichten, Führübungen, Richtungswechsel, Bewältigung von Hindernissen etc., gleichzeitig eine energische Reitweise und ein konsequenter Umgang im Alltag sowie auch Spaziergänge und umfangreiche Putzaktionen können das freundschaftliche Verhältniss vertiefen und auch entspannend auf das Pferd einwirken. Wurde ein Fehlverhalten erlernt, kann durch verschiedene Methoden versucht werden, das erwünschte Verhalten zu fördern. Es eignen sich allerdings nicht alle Lerntherapien zur Behandlung von Ängsten. Als pferdefreundlich und erfolgversprechend ist die Gegenkonditionierung, bei der ein angstauslösender Reiz allmählich so mit positiv empfundenen Belohnungen verknüpft ist, dass eine Umstimmung erreicht wird. Es ist hier allerdings viel viel Fingerspitzengefühl notwendig. Als Belohnung können Leckerli und Fellkraulen eingesetzt werden.
Mit Druck erreicht man beim sensiblen Fluchttier Pferd allenfalls das Gegenteil der erwünschten Reaktion.
Die Furcht lässt sich therapieren, hüten sollte man sich allerdings vor der Einstellung die Angst bekämpfen und bewältigen zu müssen!