Mit bunten Ideen gegen den Winter-Blues
Was tun, wenn das Paddock gefroren ist und mehr als Schrittarbeit reiner Selbstmord wäre?
Wie soll man das Pferd motivieren, wenn man selbst am Boden festfriert? Und wann ist dieser Winter endlich vorbei?
Nicht jeder Reiter und Pferdebesitzer hat das Glück, für die Wintermonate mit einer Halle ausgestattet zu sein. Und da Paddocks oder Außenreitplätze bei winterlichen Temperaturen, Schnee und Matsch schnell für eine ungewollte Rutschpartie sorgen, muss man sich Alternativen suchen, um das Pferd zu beschäftigen.
In dieser Zeit bietet sich Bodenarbeit an. Man kann gezielt seine Position stärken, Stück für Stück Lektionen erarbeiten, die dann aus dem Sattel leichter zu reiten sind und zudem sein Pferd locker und geschmeidig halten.
Was braucht man dazu?
Dicke Kleidung, festes, warmes Schuhwerk und etwas eigene Motivation. Dazu noch einige Stangen oder Gassen aus der Dual-Aktivierung, Pylonen etc., ein Pferd, Kappzaum, Trense, Halfter oder Arbeitshalfter. Und dazu noch einige kreative Ideen. An diesem Punkt möchten wir in diesem Artikel nachhelfen und einige Ideen von Claudia Obenhaus aus Bielefeld (www.bauernhof-reitschule.de) vorstellen. Mehr davon gibt es unter www.pferde-ausbildung.de im Forum – einfach nur nach Adventskalender suchen.
Basisaufgabe “Tief und Stellung”
Um die Aufmerksamkeit des Pferdes zu bekommen und zugleich Sicherheit auszustrahlen ist es wichtig, dass das Pferd auf Wunsch den Kopf senkt. So soll es dann entspannt stehen und auf die nächste Aufgabe warten. Sollte diese tiefe Haltung des Halses während den Übungen verloren gehen, so muss zuerst diese wieder hergestellt werden. Denn das ist der Zugang zum Pferd. Mit hoch erhobenem Haupt kann kein Pferd ruhig und konzentriert mitarbeiten. Das “Tief” geht jeder Übung, der Stellung und jeder treibenden Hilfe voraus.
Das “Tief” kann man sich mit Geduld erarbeiten. Man baut leichten Druck am Führstrick auf und sobald das Pferd eine Tendenz nach unten zeigt, lässt der Druck nach und man lobt ausgiebig. Innerhalb kürzester Zeit verinnerlichen die Pferde diese Hilfe und gehen bei leichtem Druck mit dem Kopf in die Tiefe. Man kann das ganze auch noch an ein Stimmkommando koppeln.
Die Stellung, also eine leichte Biegung im Genick, ist wichtig, um verkürzte Halsmuskeln zu aktivieren und damit auch den langen Rückenmuskel, der zum Tragen des Reitergewichts notwendig ist, zu erreichen. Wichtig ist dabei, dass das Pferd sich nicht im Genick verwirft. Es darf sich nicht verkanten, sondern soll den Kopf leicht in eine Richtung stellen. Guter Prüfstein sind die Ohren. Sind diese nicht mehr parallel, ist der Kopf und die Halswirbelsäule verdreht.
Anmerkung vor den Übungen
Die Basis für all diese Übungen ist die von Michael Geitner entwickelte Dual-Aktivierung. Über wechselseitige Reize werden beide Gehirnhälften angesprochen und aktiviert. Am besten nehmen Pferde die Kontraste der Farben Blau und Gelb wahr. Daher arbeitet Michael Geitner stets mit den so genannten Dual-Gassen, mit Schaumstoff gefüllte Schläuche aus blauer oder gelber Plane. Man kann all diese Übungen aber auch mit normalen Springstangen aufbauen. Vorteil bei den Gassen ist aber, dass sie nachgeben und nicht wegrollen, wenn ein Pferd mal drauftritt. Dadurch kann man diese enger legen und somit den Schwierigkeitsgrad erhöhen. Der Einfachheit halber schreibe ich aber in diesem Artikel nur von Stangen und meine damit beides.
Vorhandwendung
Bei der Vorhandwendung soll das Pferd mit der Hinterhand um die Vorhand herum treten. Die Hinterbeine kreuzen entsprechend und bewegen sich im Kreis. Die Vorderbeine treten quasi auf der Stelle und machen so die Wendung mit.
Man legt zwei Stangen oder Gassen in einen rechten Winkel. Nun reitet oder führt man parallel zu der einen Stange in den Winkel bis vor die Querstange. Im Stand wird hier nun konzentriert das ‚Tief’ erarbeitet. Hat man dies erreicht, fragt man die Stellung zu der Seite mit Stange ab. In dieser konzentrierten Haltung wird nun Schritt für Schritt die Hinterhand gefordert, bis man parallel zur zweiten Stange steht. Wichtig ist hierbei, dass jeder Schritt einzeln abgefragt wird. Das Pferd soll genau auf seinen Menschen achten und nicht das gewünschte Verhalten vorweg nehmen.
Erarbeitet man sich diese Übung vom Boden aus, ist sie im Sattel später einfacher nachzureiten. Wenn man von Mensch und Pferd absolute Konzentration verlangt, kann schon diese kleine Übung zur Herausforderung werden.
Arbeit an der Linie
Man lege zwei Stangen hintereinander zu einer langen Linie. Ggf. parallel dazu mit einer Pferdelänge Abstand noch mal, um eine Begrenzung zu haben. Erstes Ziel ist es, das Pferd gerade an der Linie entlang zu führen. Damit das Pferd flüssig und gerade folgt, muss auch der Mensch selbstbewusst auf einer geraden Linie laufen. Wer schlurft, die Schultern hängen lässt oder Schlangenlinien läuft, sieht sein Ebenbild in seinem Pferd.
Nun wird an dieser Linie das Schenkelweichen erarbeitet. Man stellt also das Pferd in einen etwa 45° Winkel zu den Stangen. Mit der Gerte als seitwärts treibende Hilfe (oder dem Schenkel beim Reiter) wird das Pferd langsam parallel zur Linie geschickt. Das “Tief” und die Stellung sollen erhalten bleiben.
Auch der Winkel soll sich möglichst nicht verändern. Das Pferd soll die Beine kreuzen und sich so langsam seitwärts bewegen. Am Ende der Linie lässt man das Pferd im Bogen Schenkelweichen, um auf der anderen Seite wieder hoch zu gehen. Oder aber man macht eine Vorhandwendung und lässt das Pferd von der anderen Seite die Linie wieder entlang Schenkelweichen.
Mit dieser Übung wird sehr gut die Reaktion auf die seitwärts treibende Hilfe geübt. Zudem aktiviert man durch das Übertreten die Bauchmuskeln. Diese stehen über Muskelstränge in Verbindung mit dem Unterkiefer. Aktive Bauchmuskeln regen das Pferd auch zum Kauen an und sorgen damit für weitere Entspannung.
Vor- und Hinterhandwendung im Quadrat
Man lege aus Stangen ein Quadrat. Dazu müssen die Stangen mindestens eine Pferdelänge haben. Nun führt oder reitet man dort hinein und stellt das Pferd parallel zu einer der Stangen mit dem Kopf in eine Ecke. Und los geht es mit der ersten Vorhandwendung. Steht das Pferd parallel zur nächsten Stange, erfolgt eine Hinterhandwendung. Darauf folgt wieder eine Vorhandwendung. Und darauf eine weitere Hinterhandwendung. Vier Mal gewendet und man ist am Ausgangspunkt zurück.
Was hier so einfach klingt, erfordert korrekt ausgeführt hohe Konzentration. Parallel zur Stange wird zuerst das “Tief” erarbeitet und das Pferd leicht zur Stange gestellt. Achtung: Die Hinterhand darf hier noch nicht weichen. Nun lässt man das Pferd Schritt für Schritt mit der Hinterhand übertreten. Parallel zur nächsten Stange wird zuerst das Tief erarbeitet. Dann erfolgt erneut die Stellung, diesmal jedoch weg von der Stange ins Quadrat hinein. Aber auch hier wieder ohne das die Schulter bereits ins Innere driftet. Statt der Hinterhand lässt man nun die Schulter weichen, bis das Pferd parallel zur neuen Stange steht. Hier wird das Pferd wieder umgestellt und mit einer weiteren Vorhandwendung neben die nächste Quadratseite platziert. Somit hat man einen stetigen Seitenwechsel. Man trainiert beide Hände gleichermaßen und das Pferd muss immer wieder umschalten. Durch die äußere Begrenzung erhält es gleichermaßen abwechselnd einen Reiz auf jedem Auge. Das sind viele Punkte, die so ein Pferdegehirn verarbeiten muss.
Mit ein bisschen Übung lässt sich das Quadrat flüssig abwechselnd mit Vorhandwendungen und Hinterhandwendungen durchreiten.
Einparken
Man lege aus drei Stangen eine Parkbucht. Zwei Stangen parallel und eine quer dahinter. Zudem – als Einparkhilfe und Kontrolleure für korrektes Reiten/Führen – werden im Abstand von etwa 1 ½ Pferdelängen zwei Pylonen an der offenen Seite auf der Höhe der Stangen platziert.
Ziel ist es nun, das Pferd rückwärts zwischen den Stangen einzuparken, es bis dicht an die hintere Stange zu bringen, so dass es Last auf die Hinterhand nimmt und nach einigen Sekunden wieder raus zu reiten oder zu führen. Diese Übung ist schwerer als sie klingt.
Man beginnt mit einer Volte zwischen Pylonen und Stangen und hält zwischen den Pylonen. Nun wird zuerst wieder das ‚Tief’ erarbeitet. Mit einem gesenkten Kopf wird das Pferd dann rückwärts geschickt. Schritt für Schritt bis kurz vor der Querstange. Das Pferd soll schon Spannung aufnehmen, als wolle es über diese Stange treten.
Dadurch nimmt es Last auf der Hinterhand auf und setzt sich. Nun wird diese Position gehalten und man zählt die Sekunden. Trainingsziel ist langsames zählen bis acht, bei hibbeligen Pferden wird bis drei oder vier aber schon schwierig genug sein. Nach den gezählten Sekunden lässt man das Pferd wieder antreten und reitet oder führt gerade aus der Parkbucht raus.Diese Übung kann man erschweren, indem der Abstand zwischen den Stangen enger gelegt wird oder – bei guten Witterungsbedingungen – man das Pferd aus dem Halten antraben lässt.
Longieren zum Warm werden
Die nächste Übung sorgt dafür, dass auch der Reiter sich bewegen muss. Dies ist gut gegen kalte Füße. Man legt aus acht Stangen eine Quadratvolte. Diese Aufgabe stammt aus der Dual-Aktivierung und sorgt beim Pferd für abwechselndes Biegen und Geraderichten. Man legt also auf einem Zirkel vier Gassen aus je zwei Stangen zu einem Quadrat.
Man kann nun aus der Mitte longieren. Dort bleibt man auf einer Stelle stehen und bewegt das Pferd. Diese Aufgabe ist gut für die Gymnastisierung des Pferdes und die Position des Reiters, aber ungünstig bei Minusgraden. Stattdessen kann man auch von außen longieren.
Der Mensch läuft parallel zu den Gassen außen mit dem Pferd mit. In der jeweiligen Ecke wird das Pferd auf eine Volte um den Longierer herum gelenkt und hinterher in die nächste Gasse eingefädelt. Sowohl Pferd als auch Mensch müssen bei dieser Übung wieder sehr konzentriert sein. Das Pferd wechselt zwischen gerade richten und biegen, wird also gut gymnastisiert. Der Mensch bewegt sich mit. Diese Übung ist auch ein Weg, seine Position beim Pferd zu festigen. Indem man außen mit läuft, schirmt man das Pferd von äußeren Einflüssen ab. Dies kann sowohl etwas Angsteinflößendes sein, als auch der Stallkumpel, dem man gern “Hallo” sagen möchte. Der Mensch bewegt hier das Pferde und ist selbst in Bewegung, ähnlich wie Leithengste die Herde zusammen halten. In der Volte jedoch hält der Mensch seine Position. Er bleibt auf einer Stelle stehen und bewegt das Pferd aus dieser Position heraus. Ein Verhältnis, dass die Leitstuten zeigen. Damit hat der Mensch bewiesen, dass er in beide Führungsrollen schlüpfen kann und wiederum Pluspunkte in der Rangordnung gesammelt.
Man sieht, mit etwas Kreativität lassen sich auch die unangenehmen Wintermonate sinnvoll für die Arbeit mit dem Pferd nutzen. Und den Frühling startet man dann mit einem lockeren und gymnastisierten Pferd, das gut auf die Hilfen reagiert und seinen Menschen als Ranghöheren akzeptiert. Entsprechend wünschen wir viel Spaß beim Ausprobieren.
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