Pferde mit Rückenproblemen richtig reiten
Hilfe, Rückenprobleme / Kissing Spines!
So werden viele Pferdebesitzer gedacht haben, als ihnen die Diagnose vom Tierarzt mitgeteilt wurde, dass ihr Pferd einen irreparablen Schaden an der Wirbelsäule hat: Kissing Spines.
Rückenprobleme – Kissing Spines
Und jetzt? Zuerst einmal: Ein Pferd mit Rückenproblemen oder Kissing Spines kann genauso im Sport oder in der Freizeit geritten werden wie jedes andere auch. Es kann 20 Jahre alt und älter werden und mit diesem Befund ohne Schmerzen laufen.
Rückenprobleme oder gar Kissing Spines würde heute nach entsprechender Untersuchung wohl beinahe jedes zweite Pferd aufweisen. Wir könnten es uns jetzt bequem machen und behaupten, dies liege an den so empfindlichen Zuchtlinien. Die heute gezüchteten Reitpferde nehmen uns Reitern durch ihre Sensibilität, ihre hohe Rittigkeit und ihre exzellenten Reitpferdeeigenschaften sehr viel ab.
Viele glauben, nicht mehr so sorgsam reiten zu müssen wie früher, um die Qualität eines Pferdes zu erhalten respektive sie zu fördern oder um beim Pferd überhaupt Losgelassenheit zu erreichen. Hinzu kommt, dass immer mehr Reiter auf die eigentliche Basisarbeit in der Dressur verzichten.
In den allermeisten Fällen entwickeln sich Kissing Spines und andere Rückenprobleme des Pferdes durch fehlerhaftes Reiten und Ausbilden:
mit zu viel Handeinwirkung, zu viel Aufrichtung, zu hohem Tempo, zu wenig Aktivität aus der Hinterhand, zu wenig Gymnastizierung. Das Ergebnis sind auseinandergefallene, auf die Vorhand gerittene Pferde ohne korrekte Grundausbildung.
Auch die Eile in der Ausbildung von heute macht es dem Pferd schwer, gesund zu bleiben. Pferde sind überfordert, müssen sich häufig einem übersteigerten Erfolgsdruck fügen. Die Achtung des Menschen vor dem Partner Pferd geht dabei all zu oft verloren.
Früher war die Remonte vier bis fünf Jahre alt, wenn sie unter den Sattel kam. Die Knochen und Gelenke waren dann schon viel stabiler und gefestigter als sie es heute mit zwei bis drei Jahren sind. Man ließ sich Zeit bei der Arbeit an der Longe und half dem Pferd damit, die notwendige Basismuskulatur aufzubauen, um später das Reitergewicht ohne Schaden tragen zu können.
Nach dem ersten Einreiten ging es ins Gelände. Die Pferde wurden nicht wie heute schon fast üblich auf spektakuläre Bewegungen, sondern lernten, sich losgelassen zu bewegen. Ziel war, Muskeln, Sehnen, Bänder, Knochen und Gelenke zu stabilisieren, die Schwungentwicklung zu fördern und die natürliche Qualität der Grundgangarten über eine sich korrekt entwickelnde Anlehnung zu erhalten. Es wurde mit Ruhe daran gearbeitet, die Geschmeidigkeit in der Rippenpartie zu erreichen und über große gebogene Linien, die große und kleine Acht, die Längsbiegung zu verbessern. Die Fähigkeit, das eigene Gleichgewicht zu finden und das Geraderichten zu verbessern, ergab sich durch diese Ausbildung fast nebenbei. Erst nach rund zwei Jahren, wenn das Pferd gefestigt war, begann die eigentliche Arbeit in der Dressur. Dressurarbeit durchlief jedes Pferd, um erst danach seiner entsprechenden Spezialisierung zugeführt zu werden.
Dieser Weg wird heute kaum noch gewählt – weil er zu viel Zeit kostet und zu viel Geld. Ein Fünfjähriger, der nicht mehr kann als im Gelände bergauf und bergab zu laufen, der nicht mindestens L-Dressur-Lektionen beherrscht oder mindestens ein L-Springen gegangen ist, ist eigentlich nichts wert.
Doch zu welchem Preis? Laut Versicherungsstatistiken sind 80 Prozent aller im Sport eingesetzten Pferde mit Lebensversicherung schon siebenjährig als dauerhaft unbrauchbar abgeschrieben, also sportuntauglich, in der Reitersprache „platt“. Sehnenschäden, Fesselträgerentzündungen, Kissing Spines, Genickschäden, Nackenbandreizungen, Entzündungen, psychische Probleme und vieles mehr sind Diagnosen, die Tierärzte heute vermutlich im Minutentakt stellen müssen.
Wenn schon nicht vorher, dann ist spätestens jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, um etwas zu ändern, und das heißt: neue Wege zu gehen, Dinge anders zu machen als bisher, Dinge anders zu machen als andere, auch einmal „NEIN“ zu sagen und (scheinbar) althergebrachte Methoden zu hinterfragen.
Dieses Buch zeigt Wege und Lösungen, wie Pferde mit Rückenproblemen und Kissing Spines wieder fit und sportlich einsetzbar werden und es dauerhaft bleiben können. Es ist eine „Bedienungsanleitung“ und der Reiter lernt, einen Blick für die Probleme seines Pferdes zu entwickeln.
Gerade bei gesundheitlichen Problemen und damit verbundenen Schmerzen ist es wichtig, die Anforderungen den körperlichen Möglichkeiten des Pferdes anzupassen, ohne auf Konsequenz im Handeln zu verzichten. Immerhin sind wir in den allermeisten Fällen nicht ganz unbeteiligt an Rückenproblemen oder auch Kissing Spines …
Wer zum Mitdenken bereit ist und den Aufwand gerade bei der Umstellung des Trainings nicht scheut, wird mit einem leistungsfähigen und -bereiten Pferd belohnt.
Das Buch dazu ist für 19,95 Euro im Buchhandel, über Amazon oder direkt beim Cadmos Verlag erhältlich. Dafür bietet es in der aktualsierten Auflage 2019 auf 144 Seiten fundiertes Wissen zum meist überschätzten empfindlichen Rücken der Pferde und den damit nötigen Verhaltensweisen des Reiters.
Anne Schmatelka
Über den Rücken
Ausgabe 2019
144 Seiten; durchgehend farbige Abbildungen; Format 17 x 24 cm
Cadmos, ISBN: 978-3-8404-1080-2
Preis: EUR 19,95