Sind Sie eine Pferde-Führungskraft?
Eine bekannte Szene:
Ein mittelgroßer Hund zerrt an der Leine sein Herrchen hinterher. Dieser schafft noch ein ‚Der tut nichts’ raus zu quetschen, bevor der Hund mit ihm hinter der nächsten Häuserecke abbiegt.
Auch im Stall ist das Bild alltäglich:
Ponies, die ihre Kinder zum nächsten Grasbüschel zerren. Reiter, die mehr an der Longe laufen, als ihr Pferd. Tierärzte, die lautstark ihre Patienten antreiben müssen, damit es mit dem Vortraben klappt.
Letztendlich ist dies alles eine Frage der Führungsqualität, die man selbst an den Tag legt. Denn mit Zauberei hat es wenig zu tun, wenn ein Pferd einem erfahrenen Trainer vom ersten Moment an folgt. Auch in der Herde gibt es Führungspersönlichkeiten, deren Autorität von Anfang an nicht in Frage gestellt wird. Für ein Fluchttier, wie es auch unsere heutigen Pferde noch sind, ist es wichtig, sich einem Führer anzuschließen, der in der Gefahrensituation die richtige Entscheidung trifft.
Allerdings muss dieser schon sehr deutlich seine Qualitäten unter Beweis stellen, damit man ihm sein Leben anvertraut.Sicherlich ist das Führen eines Pferdes und wie es am Strick läuft nicht die Lösung aller Probleme. Es ist aber eine wichtige Basis, die bei jeder Pferd-Mensch-Beziehung stimmen sollte, da ansonsten weitreichende Probleme vorprogrammiert sind.
Das gute dabei ist: Jeder kann es lernen. Man muss aber mit Geduld und Konsequenz sich die Akzeptanz als Führungskraft erarbeiten.
Bereits in der Box zeigen sich große Unterschiede. Das Pferd, welches seinen Menschen als
Führungsperson akzeptiert, sollte ihm neugierig entgegenkommen. Dreht es ihm das Hinterteil zu, zeigt es ganz deutlich, was es von seinen Qualitäten hält. Doch anstatt in die Box zu gehen und es einzufangen sollte man es locken und neugierig machen. Seine Aufmerksamkeit gewinnen. Ob mit Schnalzen, Rascheln oder einer gezielten Berührung mit dem Strick. Das Erstaunliche ist, dass man sehr schnell bei konsequenter Basisarbeit ein aufmerksames Pferd in der Box haben wird, was freiwillig und gern zu seinem Menschen kommt.
Hat man es dann erst einmal am Strick, dann darf es nicht aus der Box stürmen. Es gilt, auf das Zeichen und das Tempo seines Menschen zu achten. Im Zweifelsfalle führt man das Tier immer wieder zurück in die Box, bis es auch dieses versteht. Beim Führen ist wichtig, dass der Mensch Tempo und Richtung bestimmt. Lässt man sich vom Pferd beiseite drängeln oder im Tempo verändern, führt man nicht mehr. Auch hier muss immer wieder die Aufmerksamkeit des Pferdes eingeholt werden. Abruptes Stehen bleiben ist ein guter Test. Allerdings versetzt man damit sein Pferd auch in Alarmbereitschaft. Besser ist es daher, das Tempo zu variieren. Die Position des Pferdes ist ebenso wichtig als auch umstritten. Viele meinen, das Pferd muss hinter einem gehen. Andere lassen den Kopf auf Schulterhöhe zu. Hier ist auch das jeweilige Individuum gefragt. Wichtiger als die Position ist, wie das Pferd auf den Menschen reagiert. Überholen sollte es nicht, es sei denn, der Mensch fordert es. Aber mit dem Pferdekopf auf Schulterhöhe kann man beim Führen gut das Pferd beobachten und ggf. in aufregenden Situationen Signale schneller erkennen.
Wesentlich ist, dass das Pferd dem Menschen weicht. Sowohl seitwärts als auch rückwärts sollte man sein Pferd schicken können. Das ganze möglichst mit wenig körperlichem Einsatz. Das rückwärts schicken ist auch eine wichtige Korrekturmaßnahme. Dadurch muss das Pferd dem Menschen weichen und gibt somit seine Position auf. Gerade bei Pferden, die nach vorne drängeln und ihren Platz nicht halten wollen, wird dieses des öfteren nötig sein.
Hat man sich erst einmal den Platz einer Führungskraft erarbeitet, so kann man meist das Pferd sicher von beiden Seiten im Schritt und Trab führen. Vortraben beim Tierarzt ist dann kein Problem mehr. Auch Spaziergänge werden zum gemeinsamen Erlebnis.
—Alle Angaben ohne Gewähr—
Das wichtigste bei der Arbeit mit Pferden:
Hand- und Bodenarbeit können und sollen Wochen- oder Monatelang dauern, bis das Verständnis zwischen Pferd und Mensch funktioniert und das ist nicht einfach, da wir uns als Menschen in das Verhalten von Huftieren/Fluchttieren einleben müssen.
Ebenso ist ein Pferd erst dann folgsam und Freund zugleich, wenn es Vertrauen hat und den Führer als Leittier anerkennt. (ich wurde noch nie aus dem Sattel geworfen)
Erst dann sollte der Mensch zum Reiter werden und aufsitzen.
Ja, dem kann ich nur zustimmen. Nicht umsonst gibt es derzeit hunderte Bücher zu diesem Thema. Aber diese zu lesen, zu verstehen und umzusetzen ist anscheinend in der Praxis nicht so einfach.
Schön sind die kleinen und großen Vertrauensbeweise, die man als ‘Leittier’ erhält. So scheint mein Pferd mich nicht verlieren zu wollen. Sollte ich mal durch seine Freudenhüpfer oder Angstsprünge auf halb acht hängen, bleibt er einfach stehen. Das ist schon ein sehr schöner Moment der Sicherheit und des Vertrauens.