Kreuzverschlag beim Pferd – Nach den ersten Symptomen darf das Pferd nicht mehr bewegt werden
Plötzliches Muskelzittern, steifer Gang und Schweißausbrüche:
mitten auf dem Reitplatz oder im Gelände verweigert das Pferd jegliche Bewegung. In diesen Fällen muss der Reiter schnell verstehen, dass es sich um einen Kreuzverschlag handelt. Wenn das Pferd nicht sofort jegliche Bewegung einstellt, kann diese Muskelkrankheit tödlich enden.
Kreuzverschlag ist eine Muskelkrankheit, deren Symptome sehr häufig mit einer Kolik, HYPP oder einer Ataxie verwechselt wird. Die Prognose hängt fast ausschließlich von der direkten Behandlung des betroffenen Tieres ab. Nur wenn das Pferd alle Bewegung einstellt, können bleibende gesundheitliche Schäden vermieden werden. Es ist daher sehr wichtig, sich einmal über diese gefährliche Krankheit zu informieren, um so im akuten Fall sein Pferd vor folgenschweren Schäden oder sogar dem Tod zu schützen.
Was passiert im Körper des Pferdes bei einem Kreuzverschlag?
Bei einem Kreuzverschlag treten Probleme im Muskelstoffwechselprozess auf. Die Ursache hierfür ist eine erhöhte Aufnahme von Kohlenhydraten. Diese werden im Organismus zunächst zu Glukose umgewandelt, bevor sich diese wiederum in mehreren Einheiten miteinander verbinden und daraus Glykogen entsteht. Glykogen ist die Energiereserve für die Muskeln und lagert sich an diesen ab. Wenn das Pferd viele Kohlenhydrate frisst und gleichzeitig nicht bewegt wird, ruhen die Muskeln und die Energiereserven werden nicht benötigt. Infolgedessen kommt es zu einem Überschuss an Glykogen.
Sobald das Pferd das nächste Mal bewegt wird und die Muskeln zu arbeiten anfangen, wird der normale Stoffwechselprozess innerhalb der Muskeln aktiviert. Die Muskeln beziehen die Energie aus dem gespeicherten Glykogen, woraufhin dieses anfängt abzubauen. Als Abbauprodukt entstehen Laktate. Aufgrund der enormen angesammelten Masse an Glykogen, werden wesentlich mehr Laktate abgebaut, als es normalerweise der Fall wäre. Es kann nicht genügend Sauerstoff aufgebracht werden, um die Laktate abzutragen, sodass die Laktate (Milchsäure) in einer übermäßigen Zahl angesammelt werden. Aufgrund der einsetzenden Übersäuerung kommt es zu einer Verkrampfung der Muskeln, die schließlich zu einem gänzlichen Muskelversagen führen kann. Bei einer lang anhaltenden Übersäuerung reißen Muskelfasern auf und der Muskelfarbstoff Myoglobin wird frei gesetzt. Dieser gelangt dann auf direktem Wege in den Blutkreislauf und wird schließlich über die Niere und Harnblase ausgeschieden.
Was sind die Ursachen für einen Kreuzverschlag?
Die Ursache für einen Kreuzverschlag ist eine unangemessen hohe Zufuhr an Kohlenhydraten (Kraftfutter), die zu einem Überschuss der Muskelenergiereserve Glykogen führt. Pferde sind folglich dann von einem Kreuzverschlag betroffen, wenn sie auch während einiger Ruhetage im Stall weiterhin die normale Kraftfuttermenge bekommen. Wenn die Tiere dann das erste Mal wieder bewegt werden, können die oben beschriebenen Probleme im Muskelstoffwechsel eintreten.
Besonders betroffen sind vor allem Kutsch- und Turnierpferde, die während ihrer normalen Nutzung eine hohe Ration an Kraftfutter bekommen. Aufgrund von schlechten Wetters oder Verletzungen werden vor allem diese Tiere teilweise mehrere Tage nicht bewegt und bleiben ausschließlich in ihrer Box. Desweiteren wurde ein Kreuzverschlag bislang vermehrt bei Futtergierigen und übergewichtigen Pferden festgestellt, die sich gerne und leicht überfressen (vor allem Tiere zwischen vier und acht Jahren). Da diese Tiere auch leicht von einer Kolik betroffen sein können, ist es besonders wichtig, dass der Pferdebesitzer die auftretenden Symptome richten deuten kann. Nur so kann er schnell mit der richtigen Behandlung anfangen: Während bei einer Kolik das Tier weiterhin leicht bewegt werden sollte, muss das Pferd bei einem Kreuzverschlag sofort jede weitere Bewegung vermeiden!
Da viele Tiere vor allem an Fest- und Feiertagen in der Box bleiben und nicht bewegt werden, tritt der Kreuzverschlag besonders häufig in den darauf folgenden Tagen auf. Aus diesem Grund wird die Krankheit umgangssprachlich auch „Feiertagskrankheit“ genannt.
Symptome für einen Kreuzverschlag beim Pferd
Die ersten Symptome treten zu Beginn des Reittrainings auf. Hier werden die Muskeln bewegt und die Stoffwechselprozesse aktiviert. Die ersten Symptome sind ein plötzlicher Schweißausbruch des Pferdes und ein steifer Gang, der schnell in einer kompletten Bewegungsverweigerung enden kann. Bei diesen Anzeichen muss der Reiter bereits reagieren und einen möglichen Kreuzverschlag in Betracht ziehen. Im weiteren Verlauf der Krankheit beginnt das Pferd zu zittern, hat eine stark erhöhte Puls- und Atemfrequenz und weist eine stark verhärtete Muskulatur im Rückenbereich und an der Kruppe auf. Desweiteren ist zudem eine erhöhte Körpertemperatur zu messen und der Urin des Pferdes weist aufgrund des austretenden Myoglobins eine braune oder sogar schwarze Färbung auf. In schlimmeren Krankheitsverläufen beginnt das Pferd den Rücken hinunter zu drücken: Es schiebt die Vorderbeine nach vorne und die Hinterbeine nach hinten, bis es den Rücken tief hängen lassen kann. Wenn die Schmerzen dann zu groß werden, können die Hinterbeine wegknicken, bis das Pferd schließlich fest liegen. Ein solches Festliegen kann schnell zu einer lebensbedrohlichen Situation führen.
Wie muss der Reiter sich verhalten, wenn die ersten Symptome eines Kreuzverschlags auftreten?
Der Reiter muss sofort absteigen und darf das Pferd nicht mehr bewegen. Es kann gar nicht oft genug betont werden, wie wichtig und entscheidend es für den weiteren Krankheitsverlauf ist, dass der Reiter das Tier auf keinen Fall mehr bewegt! Sobald der Tierarzt kontaktiert ist, muss das Pferd an einen warmen und Windgeschützen Ort transportiert werden. Hierbei muss unter Umständen auch ein Anhänger geholt werden (vor allem aus dem Gelände muss das Pferd abgeholt werden!). Im nächsten Schritt kann damit begonnen werden, die Kruppe und den Rückenbereich des Pferdes mit Decken abzudecken und dadurch die entsprechenden Muskelpartien zu wärmen. Sobald der Tierarzt eingetroffen ist, wird dieser mit einer ersten Allgemeinuntersuchung des Tieres beginnen. Da viele Pferde unter Schock stehen oder regelrecht panisch reagieren, wird unter Umständen ein Beruhigungsmittel verabreicht. Sobald eine vorläufige Diagnose aufgestellt ist, werden vom Tierarzt entzündungshemmende, muskelentkrampfende, kreislaufstabilisierende und schmerzstillende Medikamente gegeben. Pferde, die besonders stark schwitzen, bekommen zusätzlich Flüssigkeit injiziert, um dadurch eine Austrocknung des Organismus zu vermeiden.
Diagnose
Nach einer vorläufigen Diagnose des Tierarztes, kann dieser mittels einer Blutuntersuchung endgültig klären, ob es sich um einen Kreuzverschlag handelt und damit andere Krankheiten mit ähnlichen Symptomen (Kolik, Ataxie, Hufrehe, HYPP) ausschließen. Neben einem Gesamtüberblick über die verschiedenen Komponenten des Blutes, werden vor allem bestimmte Muskelenzyme (vor allem Creatinkinase) analysiert: Diese sind bei einem Kreuzverschlag um einen Faktor von bis zu 150 erhöht! Zum Vergleich: Nach einem normalen Training auf dem Reitplatz sind die Werte nur um einen Faktor drei erhöht. Desweiteren kann der Urin des Tieres auf den Muskelfarbstoff Myoglobin untersucht werden.
Behandlung eines Kreuzverschlags
Wenn das Pferd nur von einem leichten Kreuzverschlag betroffen ist und der Reiter das Pferd nach den ersten Symptomen sofort ruhig gestellt hat, sind bleibende Schäden normalerweise auszuschließen. Mit Hilfe einiger stabilisierender Medikamente kann davon ausgegangen werden, dass sich das Tier innerhalb weniger Tage wieder erholt. Besonders hilfreich ist vor allem eine Wärmebehandlung der betroffenen Muskelbereiche. Spezielle Wärmepackungen (beispielsweise aus Leinsamen) helfen die Durchblutung anzuregen und damit den Genesungsprozess zu beschleunigen. In einigen Ställen finden sich zudem Pferdesolarien, wodurch der Rücken gezielt gewärmt werden kann. Desweiteren können die muskelunterstützenden Substanzen Vitamin E und Selen verfüttert werden. Nach einem auftretenden Kreuzverschlag muss gemeinsam mit dem Tierarzt ein neuer Futterplan für das Pferd abgesprochen werden.
Bei einem schweren Kreuzverschlag können sich die Muskeln so sehr verkrampfen, dass das Tier mit den Hinterbeinen einknickt und zum Festliegen kommt. In diesem Fall ist der gesundheitliche Zustand des Pferdes sehr ernst einzuschätzen: Pferde, die sich erst einmal festgelegt haben, können nur schwer wieder aufstehen. Für die Tiere, die 2-3 Tage in der Box festliegen, ist die Hoffnung nur noch sehr gering. Die meisten Tiere versterben dann an einem Herzversagen oder einem Kreislaufzusammenbruch. Die einzig hoffnungsvolle Maßnahme ist das Pferd so schnell wie möglich in einer Hängeeinrichtung zu fixieren und ihm auf diese Weise zum Stehen zu verhelfen (alle 4-6 Stunden muss das Gewicht des Pferdes auf die andere Seite verlagert werden). Nur so bleibt der Kreislauf in Schwung und alle Organe werden weiterhin durchblutet.
Wie kann ich mein Pferd vor einem Kreuzverschlag schützen?
Die beste Prävention vor einem Kreuzverschlag ist regelmäßige Bewegung und eine dem täglichen Training angepasste Fütterung. Wer seinem Pferd auch an Stehtagen in der Box die volle Kraftfuttermenge verfüttert, riskiert die Gesundheit des Tieres. Vor allem bei gierigen Pferden, die sich leicht überfressen, muss die Kraftfuttermenge genau abgemessen werden. Zum Ausgleich kann diesen Tieren eine sehr große Menge an Heu verfüttert werden. Auch in den Wintermonaten ist besondere Vorsicht geboten: Da die Weidezeiten hier begrenzt sind, ist auch die Bewegungsmöglichkeit des Pferdes eingeschränkt. Wenn das Training also zu kurz ausfällt, hat das Tier keine Möglichkeit seine überschüssige Energie abzubauen. In jedem Fall sollte das Pferd vor dem Training stets ausreichend aufgewärmt werden (vor allem im Winter, wenn das Pferd aus einem kalten Stall geholt wird). Dies regt die Durchblutung an und fördert damit die Sauerstoffverteilung innerhalb des gesamten Organismus.
Surftipps:
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- Die mysteriöse Pferdekrankheit: Atypische Weidemyopathie
- 10 Punkte um die gefürchtete Hufrehe zu vermeiden
- Arthrose beim Pferd – Wer rastet der rostet
—Alle Angaben ohne Gewähr—
Nachdem ich den Bericht gelesen habe, brodelt es wieder in mir. Unser Shettymix hatte im Frühjahr ein dickes Problem. Wir sind viel Kutsche gefahren, was ihm und uns großen Spaß machte, also kein Treiben oder Kämpfe. Die letzten Male Anfang März fiel mir sein starkes Schwitzen auf. Dann lief er auffällig steif und verlangsamt. Wir sind nicht mehr gefahren. Der herbeigerufene Schmied gab als Diagnose Kreuzverschlag. Der erste Tierarzt schnitt ein Loch in die Hufsohle und meinte das käme von einem Hufgeschwür. Ein Pferdefacharzt untersuchte ihn einige Wochen später – das “Hufgeschwür” hatte sich nicht gebessert. Dieser war sich sicher, dass es eine akute Hufrehe ist und behandelte fachkundig die Füße. Bei einer Röntgenaufnahme sah ich auch auf dem einen Huf das gesenkte Hufbein. Nachdem diese Behandlung abgeschlossen war, wurde es aber immer noch nicht besser mit dem Pony. Sie läuft wie auf Stelzen, ist seit Mai von den anderen Pferden getrennt, die auf die Wiese dürfen, und führt zwar ein begrenzt freies Leben, aber mit seiner Lebhaftigkeit vom vergangenen Jahr hat das nichts mehr zu tun.
Mir bleibt der Verdacht stehen, dass es doch ein leichter Kreuzverschlag war. Nur wie gehe ich jetzt damit um und gibt es eine Möglichkeit, dass dieses Pferdchen wieder Lebensqualität erreicht?
Ich wäre dankbar, wenn es noch einen Weg gäbe, das Pony wieder gesund werden zu lassen.
I.Willberg